Greenwashing am Beispiel der Geldanlage

von | Aug 18, 2021 | Nachhaltige Geldanlage

Greenwashing am Beispiel der Geldanlage – das Wichtigste in Kürze

  • Greenwashing soll einen nachhaltigen Eindruck vermitteln. Das wird durch gezieltes Marketing, Werbung und grüne Labels erreicht.
  • In fast jeder Branche finden wir dafür Beispiele. Je größer das Unternehmen, desto höher die Wahrscheinlichkeit kontroverse Aktivitäten zu finden. Diese führen wiederum zu Greenwashing. Auch der Finanzsektor ist davor nicht gefeit.
  • Ohne eine konkrete Definition zur ‚nachhaltigen Geldanlage‚ labeln sich viele Fonds und ETFs als grün. Aussagekräftige Analysen vom Forum Nachhaltige Geldanlage und faire-fonds.info beweisen das Gegenteil. Facing Finance und urgewald beschreiben es treffend in einem Beitrag vom 10.12.2021.
  • Im Beitrag erkären wir anhand zweiter Beispiele wie Greenwashing bei Geldanlagen funktionieren.
  • Weiter unten im Beitrag können Sie einen Blick auf einen Teil meines Depots werfen.

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Es könnte so einfach sein!

Würden wir andere Personen so behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen, müssten wir uns um Greenwashing keine großartigen Gedanken machen!
Interessen sind in unserer Welt sehr verschieden. Und leider zeigt bei manchen der moralische Kompass in eine vollkommen andere Richtung!
Deswegen müssen wir uns mit Themen wie Greenwashing auseinandersetzen.

Greenwashing
Manchen Definitionen ist zu entnehmen, dass Greenwashing etwas mit Reinwaschen hinsichtlich Ökologie und Nachhaltigkeit zu tun hat. Dabei lässt es sich mit Verwaschen oder Einfärben viel treffender deuten. Es geht nicht darum, ein Produkt von allen Umweltverschmutzungen, Menschenrechtsverletzungen und Korruptionen zu befreien. Es soll vielmehr der nachhaltige Eindruck mittels Werbung, Marketing und grünen Labels aufgetragen werden.

Beispiele für Greenwashing lassen sich zu Hauf anführen. Wir finden sie in der Lebensmittel- und Energiebranche, im Tourismus, im Einzelhandel oder bei Konsumgütern. Gängige Praxis ist es auch im Finanzbereich.

Dem Großteil der Anleger:Innen ist nachhaltige Geldanlage wichtig. Aus Kundensicht ist es jedoch schwierig, geeignete grüne Fonds zu finden. Den Gedanken Greenwashing entsteht schnell. Oftmals bedarf es eines tieferen Blickes in die Fondsunterlagen, um einen nachhaltigen Fonds oder ETF von denen zu unterscheiden, die nur einmal grün angestrichen haben.

Sogenannte ESG-Kriterien stoßen bei immer mehr Anlegern auf positive Resonanz. Die Anzahl der ESG-Fonds nimmt stetig zu und damit leider auch die Wahrscheinlichkeit an Greenwashing zu geraten. Waren es um 2010 noch insgesamt 30 nachhaltige Fonds, so sind derzeit 1.417 in Deutschland zugelassen. Allein in 2020 flossen 21 Milliarden Euro ESG-Fonds zu. Damit verwalten diese per 31.12.2020 circa 147 Milliarden Euro.

 

Verdacht von Greenwashing

Circa die Hälfte der neuen nachhaltigen Fonds sind bereits bestehende Produkte, die ihr Anlagekonzept umschreiben. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass Greenwashing im Spiel ist“, warnte Morningstar bereits im Frühjahr 2020.
Mittels EU-Offenlegungsverordnung, Taxonomie und ESG-Kriterien soll maximale Transparenz in die nachhaltige Geldanlage kommen und Greenwashing vermieden werden.

Eine Einschätzung, die ECOreporter teilt.
Insbesondere bei sogenannten nachhaltigen ETFs stellen wir immer wieder fest, dass es mit der Nachhaltigkeit nicht weit her ist. Die meisten der bislang von uns getesteten ETFs erhielten eine schlechte bis sehr schlechte Nachhaltigkeitsnote. Investments in Öl, Kohle, Atomenergie und Rüstung sind bei angeblich grünen ETFs leider eher die Regel als die Ausnahme.

Der Prozess kontroverse Unternehmen aus einer Geldanlage rauszuhalten, ist ein sehr aktiver und wird es wohl auch bleiben. Einerseits werden klassische ETFs diese Arbeit nur schwer abbilden können. Das heißt., dass Anleger:Innen in der passiven Welt sehr wenige nachhaltige Fonds finden werden. Mit gutem Beispiel gehen der Natur Aktien Index (NAI) und der Global Challenges Index (GCI) voran.
Andererseits nutzen die deutschen Hausbanken den Trend, um die nächste Marketingkuh durchs Dorf zu treiben. Es geht darum, Ausgabeaufschläge für die Bank einzunehmen und nicht darum, eine positve Rendite mit guten nachhaltigen Fonds zu generieren. Somit werden wir auch in der aktiven Fondswelt detailliert prüfen müssen, welche Fonds Greenwashing betreiben und welche wirklich kontroverse Unternehmen systematisch ausschließen.

Wie nachhaltige Geldanlage funktionieren kann, zeigt dieser Beitrag. Folgen Sie dem Link.

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Greenwashing im Detail

Wikipedia führt unter Greenwashing (englisch; wörtlich „grünwaschen“) dies auf: In der Öffentlichkeit soll seinem Unternehmen ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image verliehen werden. Einen trifftigen Grund muss es dafür nicht geben.

Kontroverse Unternehmen mit risikoreichen und umweltschädlichen Produkten oder unwürdigen Arbeitsbedingungen nutzen seit langem das Phänomen Greenwashing. Beispiele finden Sie bei Bergbau- und Atomkraftwerken, in der chemischen, pharmazeutischen oder Lebensmittelindustrie sowie bei Logistik- und Textilunternehmen.
Für Konsumenten und Institutionen ist es sehr herausfordernd, solche Geschäftspraktiken zu überprüfen oder sie den Unternehmen nachzuweisen. Konzernen, denen Greenwashing nachgewiesen werden kann, werden mit Negativpreisen überhäuft. Medial wirksam verleiht die Deutsche Umwelthilfe den Goldenen Geier für dreiste Umweltlügen. 2021 sind RWE, BMW Motorräder, Nespresso, Henkel & Schwarzkopf und Tetra Pak nominiert.

 

Negativpreis für dreiste Umweltlügen

Wenn ein Image des verantwortungsbewussten Handelns durch gezielte Desinformationen erschaffen werden soll, dann lenken Unternehmen von Problemen mit ihren Produkten ab. Greenwashing funktioniert auch, weil das Bewusstsein für nachhaltiges Leben in den letzten Jahren immer stärker geworden ist. Im Zusammenhang mit der Informationsflut wird ein Nachprüfen jedoch unmöglich.

 

Greenwashing täuscht nachhaltiges Handeln vor

Beispiele mit naturnahen Bildern von Hühnern, Schweinen und Kühen lenken von der konventionellen Massentierhaltung ab. In Verbindung mit selbstdesignten Siegeln wird ein seriöser umweltfreundlicher Eindruck vermittelt, lautet es auf quarks.de.
Ebenso ist es auch immer Auslegungssache. Ein Bekleidungshersteller bewirbt T-Shirts aus Bio-Bauwollen und vermittelt so ein Bild, dass das gesamte Sortiment Bio ist. Darüber hinaus fehlt die Aussagekraft über die Arbeitsbedingungen der Baumwollernte vor Ort.

 

Bisher ist nichts definiert!

Was hat Greenwashing nun mit den eigenen Finanzen zu tun? Egal in welche Branche wir schauen, wird deutlich, dass es an rechtlich bindenden Definitionen mangelt. Es ist weder definiert, was genau ‚regional‘ ist, noch sind die Begriffe ‚klimafreundlich‘ und umweltschonend‘ juristisch beschrieben. Als nachhaltige Geldanlage könnte sich jeder Fonds betiteln.

Der Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ wurde mittlerweile im Rahmen der EU-Taxonomie genauer bestimmt. Von einer strengen Regelung hat die EU abgesehen. Somit müssen nachhaltige Geldanlage keine Konsequenzen fürchten, sollten sie ihre Arbeit schlecht machen.
Wenn wir festhalten, dass Ende 2020 nachhaltige Fonds ein Vermögen von 335 Milliarden Euro verwalteten (in Deutschland) und das nur acht Prozent des gesamten Fondsmarktes ausmacht, dann könnte eine konkrete und bindende Definition schon Sinn ergeben.

 

Bleiben Sie infomiert

Greenwashing ist ein ernstes Thema. Melden Sie sich hier gern zu unserem Newsletter an. Sollten Sie konkrete Fragen oder Anliegen haben, buchen Sie sich alternativ einen Termin. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Beispiel für Greenwashing

Bei allen Fondsgesellschaften finden Sie heutzutage nachhaltige Fonds beziehungsweise Fonds, die so benannt sind. In diesem Abschnitt erfahren Sie anhang der Fondsgesellschaften iShares und Deka wie Greenwashing bei Geldanlagen funktionieren. Die Daten kommen dabei von justetf.com, deka.de und faire-fonds.info. Beispielsweise verwaltet Deka den Deka-Nachhaltigkeit Aktien (LU0703710904) und iShares legt den iShares DAX ESG UCITS (DE000A0Q4R69) auf.

Wenden wir uns zunächst dem Deka-Fonds zu. Wie Sie dem verlinkten Jahresbericht der Fondsgesellschaft entnehmen können, war der Fonds per 31.10.2021 unter anderem in folgenden Unternehmen investiert.

  • Siemens, Mitsubishi, Apple, Amazon, Bank of America, PepsiCo, Mondelez, …
  • Zusammengefasst stehen diese Konzerne für Umweltverschmutzung und -zerstörung, Produktion und Finanzierung von Rüstungsgütern sowie Verletzung von Arbeits- und Menschenrechten

Betrachten wir weiter den iShares DAX ESG. Spannend ist hier zu lesen, dass der Fonds Unternehmen, die in den Bereichen Waffen und Rüstung tätig sind, ausschließt. Der Fonds investiert dabei per 18.04.2022 in:

  • Volkswagen, Daimler, Deutsche Bank, Puma, BASF, …
  • Auch hier finden Sie die Produktion und Finanzierung von Rüstungsgütern, Umweltverschmutzung und -zerstörung, Korruption sowie Verletzung von Arbeits- und Menschenrechten

Die hier gewählten Anlagen sind sehr klein und investieren damit nur wenige Millionen Euro in die obigen Firmen. Wir könnten hier unzählige weitere aktive und passive Fonds aufführen und wir würden bei allen Greenwashing finden. Das Ergebnis wäre ähnlich bis gleich. Schließen wir diesen Abschnitt, dann können wir ein dreistes Agieren der Fondsgesellschaften festhalten – fast als wöllten sie die Anleger:Innen für dumm verkaufen.

Wie nachhaltig kann ein ETF sein?

Im Social Science Research Network 2020 haben Dr. Claude Lopez, Dr. Oscar Contreras und Joseph Bendix die Studie ESG RATINGS: THE ROAD AHEAD veröffentlicht. Das Ergebnis könnte nicht vernichtender sein.

Viele der großen Investment-  und Fondsgesellschaften legen nur einen Bruchteil ihres verwalteten Vermögens ESG-konform an. Der überwiegende Teil der hier abgebildeten Anlagehäuser legt weniger als 0,10 Prozent vom gesamten verwalteten Vermögen wirklich nachhaltig an.
Das sind gute Beispiele für dummes Geld wie Roman Pletter treffend schreibt und sie haben mit einer ethischen Geldanlage nichts zu tun.

Greenwashing verlangt Aufmerksamkeit

Die Vielzahl an vermeindlichen Qualitätssiegeln erfordert regelmäßige Kontrolle und Aufmerksamkeit von uns als Kunden:Innen. Egal ob wir Lebensmittel in der Kaufhalle oder Anlageprodukte fürs Depot und die Altersvorsorge erwerben, die Verantwortung liegt bei uns selbst. Der kritische Blick ins Detail ist ausreichend. Derart erhalten wir einen ersten Eindruck und ein Gefühl, ob ein weiteres Beschäftigen mit dem Produkt lohnenswert ist.

Quo vadis Greenwashing? Die EU beschäftigt sich im Rahmen der Offenlegungsverordnung und insbesondere durch den EU-Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ mit dem Thema. Es gibt keine genaue Definition des Begriffs „nachhaltig“. Die EU hat mittels ‚Taxonomie‘ ein Einordnungssystem für nachhaltige Geldanlagen erschaffen. Die erste Taxonomie-Verordnung startet am 1. Januar 2022. Dabei setzt sich die EU folgende Umweltziele für eine Klimaneutralität bis 2050:
1) Klimaschutz
2) Anpassung an den Klimawandel
3) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
4) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft einschließlich Abfallvermeidung und Recycling
5) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
6) Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Die ESG-Kriterien sollen Einzug in die Privatkundenberatung halten. Zukünftig müssen Nachhaltigkeitspräferenzen erfragt werden. Auch wenn noch keine einheitliche Definition der nachhaltigen Geldanlage existiert, helfen die ESG-Kriterien und die FNG-Profile einen individuellen Eindruck des Verständnis‘ von Nachhaltigkeit zu bekommen. Sie können entscheiden, inwieweit Rüstung, Kohleinvestments und Kinderarbeit ausgeschlossen werden. Bei den wirklich nachhaltigen Anlagen kann so Greenwashing unterbunden werden.

Weiterführende Informationen finden Sie hier.

ESG-Kriterien

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) schreibt: „Nachhaltige Geldanlagen ist die allgemeine Bezeichnung für nachhaltiges, verantwortliches, ethisches, soziales, ökologisches Investment und alle anderen Anlageprozesse, die in ihren Finanzanalysen den Einfluss von ESG (Umwelt, Soziales und Governance)-Kriterien einbeziehen. Es beinhaltet auch eine explizite schriftlich formulierte Anlagepolitik zur Nutzung von ESG-Kriterien.“

Alle drei Aspekte spielen eine gewichtige Rolle für ethischen Geldanlagen und sind wichtig, um Greenwashing zu vermeiden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Seite der Governance. Gute Unternehmensführungen sind weniger anfällig für Missmanagement, Skandale und Korruption. Auch die gesamte Ausrichtung der Unternehmen auf mehr Nachhaltigkeit und bessere Arbeitsbedingungen wird durch eine positive Unternehmenskultur gefördert.

Mit Hilfe der ESG-Kriterien lässt sich Greenwashing auf Fondsseite ausschließen. Als Fachberater für Nachhaltige Geldanlagen werfen wir ab und an einen Blick in die Nachhaltigkeitsberichte der relevanten Unternehmen. Neben schicken Marketingbildern bekommen wir so einen Eindruck von der generellen Tendenz hin zu mehr Nachhaltigkeit oder eben auch nicht. Der Blick auf die Unternehmensseite vermittelt so ein gutes Bild, ob man es mit Greenwashing zu tun hat.

Wir haben die Wahl!

Fazit zum Greenwashing

Nachhaltige Geldanlagen müssen einerseits in grüne Unternehmen investieren. Andererseits gilt es auch, Unternehmen mit auf die Reise zu nehmen, die in mehr Zukunftsfähigkeit investieren wollen. Nachhaltige Fonds können mit wirtschaftlichen Aktivitäten proaktiv und effektiv zum Strukturwandel beitragen. Denn nicht nur die Produktion an sich darf zukunftsfähig sein. Es geht auch um den nachhaltigen Gebrauch des Produktes. Achten wir gemeinsam darauf, ist Greenwashing chancenlos.

In der Beratung ein Muss. Für Finanzberater:Innen kommen nun neben der Anwendung der allgmeinen Anlagegrundsätze das Erfragen von  Nachhaltigkeitspräferenzen hinzu. Das heißt, dass neben der grundsätzlich qualitativen Auswahl eines Anlageproduktes die Anwendung und Umsetzung der ESG-Kriterien erfolgt. Dies wird ab 2022 der Fall sein. Eine Entwicklung in die richtige Richtung.

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